HansOLG Hamburg: Bei der Beurteilung, ob ein Spielzeug für Kinder unter 36 Monate vorgesehen oder bestimmt ist, kommt es nicht auf die Bestimmung des Herstellers oder entsprechende Warnhinweise, sondern allein auf objektive Kriterien an

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Das HansOLG Hamburg hatte in seinem Urteil vom 9. Oktober 2012 – Az. 9 U 13/12 über einen Stoffelch zu befinden, der als Verpackung für eine Backmischung dienen sollte, aber auch den „kleinen Kindern innewohnenden Kuscheldrang“ ansprach. Nach Ansicht des Gerichts musste der Verpackungselch der einschlägigen harmonisierten Norm entsprechen und es kam auch nicht darauf an, dass er nach einem entsprechenden Hinweis „nicht für Kinder unter 36 Monaten geeignet“ war (sog. „Weg-Kennzeichnung“).

In dem Zivilrechtsstreit hatte ein Unternehmen im Rahmen einer Themenwoche „Winter-Wunder-Wohlfühlland“ Stoffelche als Verpackung für eine Backmischung bestellt und auch geliefert bekommen. Vertraglich war vorgesehen, dass die Elche der „EN 71 Spielzeugnorm, CE-Zeichen und Zertifikat“ entsprechen mussten. Das war nicht der Fall, so dass der Käufer Rückzahlung des Kaufpreises und Schadensersatz verlangte. Bei den Verpackungselchen konnten sich nämlich Teile des Reißverschlusses lösen, die von Kleinkindern verschluckt werden konnten.

Nach Ansicht des Gerichts entsprach der Stoffelch nicht der maßgeblichen EN 71-1 und war deshalb auch nicht „CE-konform“. Die Auslegung des Gerichts orientiert sich dabei maßgeblich an der harmonisierten Norm EN 71-1. Hiernach müssen Spielzeuge, die für Kinder unter 36 Monaten (Babyspielzeug) vorgesehen bzw. im Sinne der Spielzeugrichtlinie 88/378/EWG (die Richtlinie ist inzwischen durch die neue Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG ersetzt worden) „bestimmt“ sind, besonderen Anforderungen entsprechen. Bei dem Stoffelch war nun insbesondere streitig, ob es sich um ein entsprechendes Spielzeug handelte. Der Hersteller hat das verneint und insbesondere darauf verwiesen, dass es sich nach der von ihm vorgenommen Bestimmung gerade nicht um ein solches Spielzeug handele. Vor allem werde eine bestimmungsgemäße Verwendung durch Kinder unter drei Jahren aufgrund eines entsprechenden Warnhinweis ausgeschlossen. Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Die Bestimmung eines Spielzeuges sei vielmehr objektiv zu bestimmen. Insoweit komme es allein darauf an, „ob es grundsätzlich für Kinder unter 36 Monaten geeignet ist, weil es seiner Funktion, Abmessung und Eigenschaft nach Kinder unter 36 Monaten anspricht. Dies ist wegen des kleinen Kindern innewohnenden Kuscheldrangs in der Regel bei nach Plüschspielzeug aussehenden Artikeln der Fall, es sei denn, es sind zusätzliche Elemente vorhanden, die dem Kind das Kuscheln mit dem Artikel unmöglich machen.“ Sinn und Zweck der Spielzeugrichtlinie 88/378/EWG (die Richtlinie ist inzwischen durch die neue Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG ersetzt worden) und der diese konkretisierenden (harmonisierten) Norm DIN EN 71-1 sei es, Kinder auch vor Gefahren zu schützen, die sich ergeben, wenn die Elternverantwortung im Einzelfall nicht ausreiche. Dementsprechend kam es nach dem Urteil allein auf die objektive Eignung des Verpackungselches als Kuschelelch an.

Obwohl es sich um einen Zivilrechtsstreit handelt, sind die Ausführungen auch von Bedeutung für das Marktüberwachungsrecht im Sinne des ProdSG.

Geht man davon aus, dass es sich bei den Verpackungsplüschkuschelelchen um Spielzeuge handelt, dann werden diese von der 2. GPSGV erfasst. Nach § 3 Abs. 1 ProdSG muss das Spielzeug dann die dort vorgesehenen Anforderungen erfüllen. Nach § 3 Abs. 1 2. GPSGV dürfen Spielzeuge nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie u. a. den Anforderungen nach Anhang II der Richtlinie 2009/48/EG entsprechen. Nach Punkt I. 4. d) Anhang II Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG gilt: „Spielzeug, das offensichtlich zur Verwendung durch Kinder unter 36 Monaten bestimmt ist, seine Bestandteile sowie seine abnehmbaren Teile müssen so groß sein, dass sie nicht verschluckt oder eingeatmet werden können. Dies gilt auch für anderes Spielzeug, das dazu bestimmt ist, in den Mund genommen zu werden, sowie für dessen Bestandteile und ablösbaren Teile.“

Geht man mit dem HansOLG Hamburg davon aus, dass die Spielzeugeigenschaft objektiv zu bestimmen ist – was in der Literatur durchaus umstritten sein dürfte –, dann entsprachen die Elche auch nicht den Vorgaben des ProdSG.

 

HansOLG Hamburg, Urt. v. 9.10.2012 – Az. 9 U 13/12 (das Urteil ist nicht über die Rechtssprechungsdatenbank des Landes Hamburg verfügbar; es wird aber in der kommerziellen Datenbank juris.de gelistet)