Silvesterfeuerwerk zwischen Sprengstoffrecht und unerlaubter Sondernutzung

Feuerwerk über Wohngebiet

Seit einigen Jahren wird regelmäßig zum Jahresende darüber diskutiert, ob das klassische Silvesterfeuerwerk für Privatpersonen erlaubt oder wegen der mit ihm einhergehenden Beeinträchtigungen und Gefahren verboten werden sollte. Die Diskussion dreht sich dabei in erster Linie um gefahrenabwehr- bzw. sprengstoffrechtliche Aspekte. Bisher kaum diskutiert wurde demgegenüber die Frage, ob öffentliche Verkehrsflächen für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern genutzt werden dürfen. Zu Unrecht, wie im Folgenden dargestellt werden soll.

Sprengstoffrecht

Feuerwerkskörper sind § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Sprengstoffgesetzes (SprengG) zufolge „pyrotechnische Gegenstände für Unterhaltungszwecke“. Sie werden nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefährdung in verschiedene Kategorien unterteilt. So unterfallen Feuerwerkskörper, von denen nur eine sehr geringe Gefahr ausgeht, die einen vernachlässigbaren Lärmpegel besitzen und zur Verwendung in geschlossenen Bereichen vorgesehen sind, der Kategorie (F)1 (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 lit. a SprengG, sog. „Kleinstfeuerwerk“). Die klassischen Silvesterfeuerwerkskörper unterfallen demgegenüber der Kategorie (F)2. Von solchen Feuerwerkskörpern geht eine geringe Gefahr aus, sie besitzen einen geringen Lärmpegel und sind zur Verwendung in abgegrenzten Bereichen im Freien vorgesehen (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 lit. b SprengG, sog. „Kleinfeuerwerk“). Professionelles Feuerwerk schließlich wird höheren Kategorien zugeordnet.

Der Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie 2 – und damit eben auch mit den klassischen Silvesterfeuerwerkskörpern – unterliegt strengen sprengstoffrechtlichen Vorgaben nach der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV). Sie dürfen Verbrauchern grundsätzlich nur in der Zeit vom 29. bis 31. Dezember überlassen werden (§ 22 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 1. SprengV). Ist einer dieser Tage – wie im Jahr 2023 – ein Sonntag -, dürfen die Feuerwerkskörper Verbrauchern bereits am 28. Dezember überlassen werden (§ 22 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 1. SprengV). Aber nicht nur der Verkauf, sondern auch die Verwendung von Feuerwerkskörpern der Kategorie 2 ist nur in einem engen zeitlichen Korridor überhaupt gestattet: Grundsätzlich dürfen sie ohne eine spezielle Genehmigung nur am 31. Dezember und am 1. Januar abgebrannt werden, und das auch nur von volljährigen Personen (§ 23 Abs. 2 S. 1 1. SprengV). Minderjährige dürfen daher solche Feuerwerkskörper auch an Silverster nicht abbrennen. Das Abbrennen in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen ist sogar vollständig verboten (§ 23 Abs. 1 1. SprengV).

Forderungen nach weiteren Einschränkungen

Trotz dieser bereits engen Vorgaben werden zunehmend weitere Einschränkungen für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern an Silvester gefordert. Die Begründungsansätze sind unterschiedlich und ergänzen sich zum Teil: Es wird auf die starke Geräuschentwicklung verwiesen, die sowohl für Menschen (insbesondere Kleinkinder, Ältere sowie Geflüchtete aus Kriegsgebieten) als auch für Tiere sehr belastend sein kann. Von unsachgemäß abgebrannten oder fehlerhaften Feuerwerkskörpern kann eine unmittelbare Verletzungsgefahr für die Nutzer:innen, aber auch unbeteiligte Dritte sowie eine Brandgefahr ausgehen. Hiermit eng verbunden wird eine drohende Überlastung von Feuerwehr, Rettungsdiensten und der Krankenhäuser geltend gemacht, wobei sich Rettungskräfte überdies sogar Angriffen mit Feuerwerkskörpern ausgesetzt sehen. Außerdem wird auf weitere Immissionen (Rauch) und den entstehenden Abfall verwiesen.

Verschiedene Gemeinden in Deutschland haben daher nach Wegen gesucht, den Einsatz von Silvesterfeuerwerk stärker zu regulieren. Unter engen Voraussetzungen sieht dabei die 1. SprengV sogar selbst entsprechende Möglichkeiten vor. Nach § 24 Abs. 2 S. 1 1. SprengV kann die zuständige Behörde insbesondere anordnen, dass auch am 31. Dezember und am 1. Januar pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2 „mit ausschließlicher Knallwirkung“ – sog. „Böller“[1]VG Oldenburg, Beschl. v. 20.12.2018 – Az. 5 B 4418/18. – in bestimmten dichtbesiedelten Gemeinden oder Teilen von Gemeinden zu bestimmten Zeiten auch am 31. Dezember und am 1. Januar nicht abgebrannt werden dürfen. Solche „Böllerverbote“ werden dann auch tatsächlich immer wieder erlassen, für Silvester 2023 etwa im Bereich der Kölner Innenstadt.[2]Siehe die Allgemeinverfügung der Stadt Köln über das Verbot des Abbrennens von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2 mit ausschließlicher Knallwirkung linksrheinisch, innerhalb der Ringe … Continue reading

Der Einsatz von Feuerwerkskörpern, die sich wie etwa Raketen nicht auf eine reine Knallwirkung beschränken, lässt sich auf dieser Rechtsgrundlage jedoch nicht verbieten.[3]VG Oldenburg, Beschl. v. 20.12.2018 – Az. 5 B 4418/18. Auch ein allgemeines „Böllerverbot“ für das gesamte Gemeindegebiet dürfte mit den vorgesehenen Einschränkungen (dichte Besiedelung, bestimmte Zeiten) nicht ohne weiteres umzusetzen sein. Während der Geltung der spezifischen Eingriffsermächtigungen des Infektionsschutzrechts wurde zwar zum Teil versucht, entsprechende Regelungen mit der Eindämmung des Corona-Virus zu begründen. Jedenfalls jenseits dieser besonderen Gefahrenlage hat sich die Rechtsprechung jedoch solchen Versuchen gegenüber als eher skeptisch gezeigt.

Gefahrenabwehrrecht

Insbesondere haben es verschiedene Gerichte für unzulässig erachtet, Maßnahmen zur Beschränkung der feuerwerkspezifischen Gefahren auf Vorschriften des allgemeinen Gefahrensabwehrrechts zu stützen. Denn die diesbezüglichen, oben dargestellten Regelungen des Sprengstoffrechts seien insoweit abschließend.[4]VGH Kassel, Urt. v. 13.5.2016 – Az. 8 C 1136/15.N (unter II. 1.); VG Oldenburg, openJur 2020, 11091 Rn. 4 (Beschl. v. 19.7.2019 – Az. 5 2073/19); Beschl. v. 20.12.2018 – Az. 5 B … Continue reading Das bedeutet, dass nach Auffassung der Rechtsprechung den spezifischen Gefahren, die von Feuerwerk ausgehen, allein durch die Regelungen der SprengG und der 1. SprengV begegnet werden soll. Den Kommunen ist es danach kompetenzrechtlich nicht gestattet, weitergehende Beschränkungen in Bezug auf diese Gefahren vorzusehen.

Zu diesen Gefahren gehören zunächst insbesondere die Explosionsgefahr[5]VGH München, Beschl. v. 29.12.2020 – Az. 20 CS 20.3139, Rn. 14; VG Frankfurt (Oder), openJur 2012, 9408 Rn. 32 (Urt. v. 6.10.2008 – Az. 5 K 392/08); VG Oldenburg, openJur 2020, 11091 Rn. … Continue reading sowie die damit eng verbundene Brand-[6]OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.2003 – Az. I-15 U 158/02, Rn. 19 (NRWE); VG Oldenburg, openJur 2020, 11091 Rn. 6 (Beschl. v. 19.7.2019 – Az. 5 B 2073/19) und Verletzungsgefahr.[7]VGH München, Beschl. v. 29.12.2020 – Az. 20 CS 20.3139, Rn. 13; VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30.12.2020 – Az. 5 L 3443/20.F, Rn. 27; siehe auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.2003 … Continue reading Das soll auch die mit der Verletzungsgefahr einhergehende Gefahr einer zusätzlichen Belastung der Krankenhauskapazitäten bzw. des Gesundheitssystems umfassen.[8]VGH München, Beschl. v. 29.12.2020 – Az. 20 CS 20.3139, Rn. 16; VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30.12.2020 – Az. 5 L 3443/20.F, Rn. 27. Nach ganz vorherrschender Auffassung der Gerichte zählen überdies die Lärmimmissionen, zu denen es beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern kommt,[9]VGH München, Beschl. v. 29.12.2020 – Az. 20 CS 20.3139, Rn. 14; VGH Kassel, Urt. v. 13.5.2016 – Az. 8 C 1136/15.N (unter II. 1.); OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.2003 – Az. I-15 U … Continue reading, zu den feuerwerkspezifischen Gefahren, die damit abschließend durch das Sprengstoffrecht geregelt wären.

Ganz widerpruchsfrei ist die Rechtsprechung allerdings nicht. So wurde es zum Beispiel für zulässig erachtet, das Abbrennen von Feuerwerk auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage wegen eines sonst drohenden Verstoßes gegen eine Vorschrift des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) zum Schutz wild lebender Tiere zu verbieten.[10]VG Würzburg, openJur 2012, 108730 Rn. 16 (Beschl. v. 24.6.2010 – Az. W 5 S 10.566). Dieser Verstoß hätte sich aber wiederum gerade aus einer feuerwerkspezifischen Gefahr – der Lärmimmission – ergeben.[11]Siehe VG Würzburg, openJur 2012, 108730 Rn. 16 (Beschl. v. 24.6.2010 – Az. W 5 S 10.566. Entsprechendes gilt für die Untersagung eines Feuerwerks auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage wegen eines sonst drohenden Verstoßes gegen eine forstrechtliche Vorschrift, die sich gegen das Entzünden eines Feuers in Waldrandnähe richtet.[12]VG Minden, Urt. v. 18.3.2013 – Az. 8 K 2268/12, Rn. 36 ff. (NRWE). Auch hier ergab sich der drohende Normverstoß gerade aus einer feuerwerkspezifischen Gefahr, nämlich dem Abbrennen des Feuerwerks selbst.[13]VG Minden, Urt. v. 18.3.2013 – Az. 8 K 2268/12, Rn. 36 (NRWE).

Will man versuchen, diese divergierenden Ansätze miteinander in Einklang zu bringen, ließe sich vielleicht folgende Abgrenzung vornehmen: Es verstößt grundsätzlich gegen die abschließende Regelung der feuerwerkspezifischen Gefahren im Sprengstoffrecht, wenn einzelne Kommunen auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage feuerwerkspezifische Regelungen treffen. Verstößt die Verwendung von Feuerwerk aber gegen Regelungen, die sich nicht ausschließlich gegen feuerwerkspezifische Gefahren richten (und die auch ansonsten verfassungskonform sind), sondern solche Gefahren nur mitumfassen, so kann hiergegen auch auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage eingeschritten werden.[14]In diese Richtung auch VGH München, Beschl. v. 25.7.2023 – Az. 11 CE 23.652, Rn. 19. Das lässt sich an der genannten Regelung zum Schutz wild lebender Tiere veranschaulichen: Diese bezieht sich nicht gezielt auf feuerwerkspezifische Gefahren, sondern erfasst jede mutwillige Beunruhigung dieser Tiere. Das umfasst auch Lärmimmissionen, unabhängig davon, ob sie von Bauarbeiten, einem Rockkonzert oder eben Feuerwerk ausgehen. Es ist daher zulässig, auch gegen letztgenannte Beeinträchtigungen im Wege der Gefahrenabwehr vorzugehen.[15]Anders möglicherweise VG Darmstadt, Beschl. v. 20.5.2016 – Az. 3 L 1120/16.DA. Nicht zulässig ist es demgegenüber, ohne eine solche allgemeine Regelung allein auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage etwa ein Feuerwerksverbot zum Schutz vor Lärmbelästigungen oder zum Schutz von Haustieren im Bereich der jeweiligen Kommune zu erlassen.

Straßenrecht

Eine weitere rechtliche Grenze für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern wird demgegenüber bisher, soweit ersichtlich, noch kaum diskutiert[16]In einem jüngeren Verfahren vor dem VerfGH München wurden diesbezüglichen Fragen kontrovers diskutiert, siehe VerfGH München, Entscheidung v. 29.10.2018 – Az. Vf. 21-VII-17, Rn. 11 und 22. … Continue reading Diese Grenze betrifft allerdings nicht jedes private Silvesterfeuerwerk, sondern nur solches, das auf öffentlichen Verkehrswegen abgebrannt wird.

Die Nutzung des öffentlichen Verkehrsraums ist jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsrechtlichen Vorschriften gestattet (sog. Gemeingebrauch). Das ergibt sich etwa aus § 7 Abs. 1 S. 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) oder § 14 Abs. 1 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) und ist letzten Endes Frage der jeweiligen (etwa landes-) rechtlichen Ausgestaltung. Grundsätzlich liegt allerdings kein Gemeingebrauch mehr vor, wenn die Straße – einschließlich befestigter Seitenstreifen und des Gehwegs – nicht vorwiegend zu dem Verkehr benutzt wird, dem sie zu dienen bestimmt ist (vgl. § 7 Abs. 1 S. 3 FStrG, § 14 Abs. 3 StrWG NRW).

Eine solche Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus bezeichnet man als Sondernutzung (§ 8 Abs. 1 S. 1 FStrG, § 18 Abs. 1 S. 1 StrWG NRW). Sie ist grundsätzlich erlaubnispflichtig (§ 8 Abs. 1 S. 2 FStrG, § 18 Ans. 1 S. 2 StrWG NRW). Für Sondernutzungen können überdies Gebühren erhoben werden (§ 8 Abs. 3 S. 1 FStrG, § 19a Abs. 1 StrWG NRW). Und wer schuldhaft öffentliche Straßen über den Gemeingebrauch hinaus benutzt, ohne über eine erforderliche (Sondernutzungs-) Erlaubnis zu verfügen, begeht eine Ordnungswidrigkeit (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 FStrG, § 59 Abs. 1 Nr. 1 StrWG NRW).

Die entscheidende Frage ist also, ob das Abbrennen von Feuerwerkskörpern noch dem Gemeingebrauch zuzurechnen oder Sondernutzung ist. Für diese Abgrenzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgeblich, ob eine Gesamtschau der äußerlich erkennbaren Merkmale aus der Perspektive eines objektiven Beobachters ergibt, dass die Straße hierbei vorwiegend nicht zur Teilnahme am Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt wird.[17]BVerwG, Beschl. v. 28.8.2012 – Az. 3 B 8.12, Rn. 13. Dann liegt eine Sondernutzung und nicht mehr Gemeingebrauch vor.

Unter „Verkehr“ ist dabei zunächst im klassischen Sinn die Benutzung der Straße zum Zwecke der Ortsveränderung bzw. der Fortbewegung von Menschen und Sachen zu verstehen.[18]Hierzu und zum Folgenden: VGH Mannheim, openJur 2013, 12003 Rn. 41 (Urt. v. 31.1.2002 – Az. 5 S 3057/99); OVG Schleswig, Urt. v. 16.6.1999 – Az. 4 K 2/99, Rn. 18 (juris). Das schließt auch den „ruhenden Verkehr“ (Parken, Warten vor roten Ampeln usw.) mit ein. In Fußgängerbereichen, ebenso in verkehrsberuhigten Bereichen zählen hierzu auch sonstige verkehrsbezogene Nutzungen wie etwa das Herumstehen oder das Sitzen/Ausruhen auf einer Bank. Aber auch andere Verhaltensweisen können in Bezug auf bestimmte Verkehrsflächen (etwa Fußgängerbereiche) üblich sein, wie etwa das Betrachten von Schaufenstern oder Sehenswürdigkeiten sowie die Begegnung und Kommunikation mit anderen Passanten. Diese Verhaltensweisen werden als „kommunikativer Verkehr“ als Nebenzweck der Straßenbenutzung vom Gemeingebrauch umfasst.

Abbrennen von Feuerwerkskörpern als Gemeingebrauch?

Auf dieser Grundlage dürfte dann aber viel dafür sprechen, dass die Nutzung öffentlichen Verkehrsraums zum Abbrennen von Feuerwerkskörpern in der Regel nicht vorwiegend der Teilnahme am Verkehr, sondern anderen Zwecken, nämlich solchen der Unterhaltung (siehe § 3 Abs. 1 Nr. 4 SprengG), dient. Personen, die Raketen, Böller oder andere Feuerwerkskörper im öffentlichen Verkehrsraum abbrennen, bleiben dabei oftmals an einem bestimmten Ort. Es geht ihnen also ersichtlich gerade nicht um die Nutzung der durch die Straße eröffneten Fortbewegungsmöglichkeit. Vielmehr nutzen sie die Straße, um ausreichend Platz für die Einhaltung von Sicherheitsabständen zu den Feuerwerkskörpern zu haben oder sonst von den räumlichen Verhältnissen (gute Sichtbarkeit usw.) zu profitieren.

Es dürfte sich auch nicht mehr um kommunikativen Verkehr als Bestandteil des Gemeingebrauchs handeln, sondern wie z. B. das Musizieren in Fußgängerzonen eben um eine Sondernutzung. Auch die zwischenmenschliche Kontaktaufnahme und Kommunikation, die etwa beim Niederlassen zum Zweck des Alkoholgenusses die Zuordnung zum kommunikativen Verkehr und damit zum Gemeingebrauch zur Folge hat,[19]OVG Bautzen, Beschl. v. 7.7.2011 – Az. 4 A 370/10, Rn. 5. dürfte beim Abbrennen von Feuerwerkskörpern nicht im Vordergrund stehen.

Vielmehr wird das Abbrennen von Feuerwerk jedenfalls oftmals als eine nicht mehr gemeinverträgliche Inanspruchnahme von öffentlichem Straßenraum anzusehen sein, die als solche dann nicht mehr dem Gemeingebrauch unterfällt.[20]Zu dieser Grenze siehe OVG Schleswig, Urt. v. 16.6.1999 – Az. 4 K 2/99, Rn. 18 (juris).. Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern im öffentlichen Verkehrsraum führt nämlich dazu, dass der Mitgebrauch anderer erheblich behindert wird. Unter anderem werden Dritte – Auto- oder Radfahrer wie auch Fußgänger – gezwungen, Sicherheitsabstände zu den Feuerwerkskörpern einzuhalten. Sie müssen einen Abbrennvorgang abwarten oder werden durch Rauchentwicklung an einer sicheren Fortbeewegung gehindert.

Verfassungskompetenzrechtlich dürfte gegen diese Einschätzung nichts zu erinnern sein. Die straßenrechtlichen Vorgaben richten sich nicht gegen feuerwerkspezifische Gefahren als solche. Vielmehr handelt es sich um allgemeine Regeln, mit deren Hilfe die konkurrierenden Nutzungsinteressen zu einem Ausgleich gebracht werden sollen. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die sprengstoffrechtlichen Vorschriften straßenverkehrsrechtliche Aspekte abschließend regeln sollten.[21]Siehe hierzu auch VGH München, Beschl. v. 25.7.2023 – Az. 11 CE 23.652, Rn. 20.

Fazit

Was bedeudetet das nun für das klassische Silvesterfeuerwerk? Auf privaten Grundstücken – und ggf. auch im Rahmen des sog. Straßenanliegergebrauchs (vgl. § 14a StrWG NRW) – ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern straßenrechtlich ohne weiteres zulässig. Auf öffentlichen Verkehrsflächen abseits des eigenen Grundstücks dürfte es sich demgegenüber oftmals um eine Sondernutzung handeln, für die es in aller Regel an der erforderlichen Erlaubnis fehlt. Wer dennoch auf öffentlichen Verkehrsflächen Feuerwerkskörper abbrennt, würde demzufolge den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen.

Eine ganz andere Frage ist natürlich, ob gegen einen solchen Verstoß von Seiten der kommunalen Ordnungsbehörden eingeschritten würde. Es spricht viel dafür, dass auch hier dieselbe pragmatische Großzügigkeit an den Tag gelegt wird, die um Silvester herum insoweit auch mit Blick auf die weitflächige Vermüllung des öffentlichen Raums (und privater Grundstücke) gelebt wird. Und somit bleibt es am 31. Dezember wohl dabei: The sky is the limit.

Fußnoten

Fußnoten
1 VG Oldenburg, Beschl. v. 20.12.2018 – Az. 5 B 4418/18.
2 Siehe die Allgemeinverfügung der Stadt Köln über das Verbot des Abbrennens von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2 mit ausschließlicher Knallwirkung linksrheinisch, innerhalb der Ringe (einschließlich der Ringe) v. 16.11.2023.
3 VG Oldenburg, Beschl. v. 20.12.2018 – Az. 5 B 4418/18.
4 VGH Kassel, Urt. v. 13.5.2016 – Az. 8 C 1136/15.N (unter II. 1.); VG Oldenburg, openJur 2020, 11091 Rn. 4 (Beschl. v. 19.7.2019 – Az. 5 2073/19); Beschl. v. 20.12.2018 – Az. 5 B 4418/18; ebenso VGH München, Beschl. v. 29.12.2020 – Az. 20 CS 20.3139, Rn. 13; OVG Lüneburg, openJur 2020, 79897 Rn. 58 (Beschl. v. 18.12.2020 – Az. 13 MN 568/20); VG Ansbach, Beschl. v. 30.12.2020 – Az. AN 15 S 20.2909, Rn. 20; VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30.12.2020 – Az. 5 L 3467/20.F, Rn. 11; Beschl. v. 30.12.2020 – Az. 5 L 3443/20.F, Rn. 27; wohl auch VG Darmstadt, Beschl. v. 20.5.2016 – Az. 3 L 1120/16.DA.
5 VGH München, Beschl. v. 29.12.2020 – Az. 20 CS 20.3139, Rn. 14; VG Frankfurt (Oder), openJur 2012, 9408 Rn. 32 (Urt. v. 6.10.2008 – Az. 5 K 392/08); VG Oldenburg, openJur 2020, 11091 Rn. 6 (Beschl. v. 19.7.2019 – Az. 5 B 2073/19); Beschl. v. 20.12.2018 – Az. 5 B 4418/18.
6 OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.2003 – Az. I-15 U 158/02, Rn. 19 (NRWE); VG Oldenburg, openJur 2020, 11091 Rn. 6 (Beschl. v. 19.7.2019 – Az. 5 B 2073/19)
7 VGH München, Beschl. v. 29.12.2020 – Az. 20 CS 20.3139, Rn. 13; VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30.12.2020 – Az. 5 L 3443/20.F, Rn. 27; siehe auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.2003 – Az. I-15 U 158/02, Rn. 19 (NRWE).
8 VGH München, Beschl. v. 29.12.2020 – Az. 20 CS 20.3139, Rn. 16; VG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30.12.2020 – Az. 5 L 3443/20.F, Rn. 27.
9 VGH München, Beschl. v. 29.12.2020 – Az. 20 CS 20.3139, Rn. 14; VGH Kassel, Urt. v. 13.5.2016 – Az. 8 C 1136/15.N (unter II. 1.); OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.2003 – Az. I-15 U 158/02, Rn. 19 (NRWE); VG Oldenburg, Beschl. v. 20.12.2018 – Az. 5 B 4418/18; anderer Ansicht: VG Frankfurt (Oder), openJur 2012, 9408 Rn. 33 (Urt. v. 6.10.2008 – Az. 5 K 392/08).
10 VG Würzburg, openJur 2012, 108730 Rn. 16 (Beschl. v. 24.6.2010 – Az. W 5 S 10.566).
11 Siehe VG Würzburg, openJur 2012, 108730 Rn. 16 (Beschl. v. 24.6.2010 – Az. W 5 S 10.566.
12 VG Minden, Urt. v. 18.3.2013 – Az. 8 K 2268/12, Rn. 36 ff. (NRWE).
13 VG Minden, Urt. v. 18.3.2013 – Az. 8 K 2268/12, Rn. 36 (NRWE).
14 In diese Richtung auch VGH München, Beschl. v. 25.7.2023 – Az. 11 CE 23.652, Rn. 19.
15 Anders möglicherweise VG Darmstadt, Beschl. v. 20.5.2016 – Az. 3 L 1120/16.DA.
16 In einem jüngeren Verfahren vor dem VerfGH München wurden diesbezüglichen Fragen kontrovers diskutiert, siehe VerfGH München, Entscheidung v. 29.10.2018 – Az. Vf. 21-VII-17, Rn. 11 und 22. Der Verfassungsgerichtshof hat sich zu ihnen dann jedoch nicht weiter geäußert.
17 BVerwG, Beschl. v. 28.8.2012 – Az. 3 B 8.12, Rn. 13.
18 Hierzu und zum Folgenden: VGH Mannheim, openJur 2013, 12003 Rn. 41 (Urt. v. 31.1.2002 – Az. 5 S 3057/99); OVG Schleswig, Urt. v. 16.6.1999 – Az. 4 K 2/99, Rn. 18 (juris).
19 OVG Bautzen, Beschl. v. 7.7.2011 – Az. 4 A 370/10, Rn. 5.
20 Zu dieser Grenze siehe OVG Schleswig, Urt. v. 16.6.1999 – Az. 4 K 2/99, Rn. 18 (juris).
21 Siehe hierzu auch VGH München, Beschl. v. 25.7.2023 – Az. 11 CE 23.652, Rn. 20.