Eckpunkte des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung für eine umfassende Änderung des TKG
Am 17. Juli 2025 hat das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) „Eckpunkte für ein Gesetz zur Änderung des TKG und zur Verbesserung der telekommunikationsrechtlichen Rahmenbedingungen für den TK-Netzausbau“ veröffentlicht. Worum geht es, was ist geplant und wie geht es weiter?
I. Worum geht es?
Im November wird die Gigabit-Infrastrukturverordnung (EU) 2024/1309 in ihren wesentlichen Teilen anwendbar. Das Recht des Netzausbaus wird dann anders als bisher eine unmittelbar geltende Grundlage im Unionsrecht haben. Das macht erhebliche Anpassungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) notwendig, das bisher auch der seinerzeit noch nötigen Umsetzung der Vorgängervorschriften in der Kostensenkungsrichtlinie 2014/61/EU dient.
Außerdem ist das bereits 2023 unabhängig von der Anpassung an die Gigabit-Infrastrukturverordnung geplante TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz (TK-NABEG)[1]Siehe hierzu im Überblick Neumann, Der Referentenentwurf zum TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz, Vortragsfolien v. 25.10.2023. mit der Konstituierung des neuen Deutschen Bundestags der Diskontinuität zum Opfer gefallen. Die darin enthaltenen Ansätze sollen nun zum Teil wieder aufgegriffen werden.
II. Was ist geplant?
Die geplanten Änderungen betreffen ganz überwiegend den Bereich des Netzausbaus.
1. Anpassungen an die Gigabit-Infrastrukturverordnung
Regelungen, die Vorschriften der Verordnung wiederholen, doppeln oder ihnen entgegenstehen, sollen gestrichen werden. Von der Verordnung eröffnete Ausgestaltungsspielräume sollen genutzt werden, namentlich sollen
- verwaltungstechnische Aspekte der Anträge auf Mitnutzung und Koordinierung geregelt,
- die Möglichkeit einer Zugangsverweigerung umgesetzt,
- der Kreis der Zugangsberechtigten entsprechend der bisherigen Regelung beibehalten,
- der Kreis der zur Verfügung zu stellenden Informationen auf Angaben zur tatsächlichen Verfügbarkeit erstreckt,
- die Beschränkung des Zugangs zu Informationen an den bestehenden Vorgaben im TKG orientiert,
- bei der Bereitstellung von Informationen über Baustellen statt eines zentralen Baustellenatlas die in den verschiedenen Bundesländern bereits bestehenden digitalen Lösungen nutzbar gemacht,
- eine Ermächtigungsnorm zum Erlass einer Technischen Richtlinie für die Umsetzung der Pflicht zur Ausstattung von Gebäuden mit Glasfaserinfrastrukturen sowie ein subjektives Recht des Endnutzers auf Umsetzung dieser Pflicht geschaffen und
- Ausnahmen für bestimmte Gebäudekategorien von der Ausstattungspflicht entsprechend der bisherigen Regelung vorgesehen
werden.
2. Regelungen zu Ausbau und Mitnutzung der gebäudeinternen Netzinfrastruktur
Das Ministerium sieht verschiedene Optionen zur Optimierung der Regelungen zur Errichtung gebäudeinterner Netze:
- eine Erhöhung des Glasfaserbreitstellungsentgelts,
- die Streichung des Glasfaserbereitstellungsentgelts für Neubauten,
- die Einführung eines nicht umlagefähigen Entgelts für die Gewährung des Zugangs zur passiven Netzinfrastruktur sowie zu Glasfaserkabeln am Hausübergabepunkt,
- die Streichung der aufwändigen Maßnahmen im Rahmen des Glasfaserbereitstellungsentgelts,
- eine Verlängerung des Glasfaserbereitstellungsentgelts bis Ende 2032,
- die Einräumung eines Rechts auf Vollausbau eines Gebäudes statt des auf den Einzelanschluss eines Vertragspartners beschränkten Ausbaurechts[2]Siehe dazu unlängst Bundesnetzagentur, Beschl. v. 25.2.2025 – Az. BK11-24-020, m. Anm. Schuler, N&R 2025, 119. unter bestimmten einschränkenden Voraussetzungen und unter Einräumung eines Abwendungsrechts zugunsten des Gebäudeeigentümers bei Eigenvornahme des Vollausbaus (ggf. durch einen Dritten) sowie
- die Verbindlicherklärung von Mindeststandards für den Ausbau der gebäudeinternen Infrastruktur auch im Fall des Glasfaserbereitstellungsentgelts und bei einem Vollausbau eines Gebäudes durch ein Telekommunikationsunternehmen.
Darüber hinaus erwägt das BMDS Regelungen zur Mitnutzung der einmal errichteten Glasfaserverkabelung im Gebäude über die Beibehaltung eines gesetzlichen Anspruchs auf Mitnutzung hinaus, namentlich
- die Schaffung eines Rechts auf Zugang zu einer freien Glasfaser in jede Wohneinheit unabhängig von einem jeweils bestehenden Endkundenvertrag bei erfolgtem Anschluss des Gebäudes an das vorgelagerte Netz des Zugangsnachfragers und
- die Schaffung eines (z. B. auf zwei Jahre) befristeten Zugangsverweigerungsrechts des Betreibers der Netzebene 4.
Auch in Bezug auf die Mitnutzungsentgelte denkt das Ministerium über Anpassungen nach, und zwar über
- die Streichung der Konzernklausel unter bestimmten Voraussetzungen,
- die Schaffung von Transparenzvorgaben bezüglich der Nutzungsbedingungen (wie eine Pflicht zur Vorhaltung vorbereiteter Zugangsvereinbarungen oder die Einführung eines branchenweit regulierten Standardangebots),
- die Möglichkeit der Festlegung pauschaler Mitnutzungsentgelte nach Maßgabe bestimmter Gebäudeklassen und
- Klarstellungen in Bezug auf den Entgeltmaßstab.
3. Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und Beschleunigung des Netzausbaus
Das wegerechtliche Genehmigungsverfahren soll beschleunigt werden, indem
- unter bestimmten Voraussetzungen als Alternative ein Anzeigeverfahren geschaffen wird,
- die Genehmigungsfrist von drei auf zwei Monate verkürzt wird (bei Erweiterung der Verlängerungsmöglichkeit von einem auf zwei Monate),
- die Unzulässigkeit der Forderung nach einer „Aufbruchgenehmigung“ nach Landesrecht klargestellt wird,
- Regelbeispiele für geringfügige Baumaßnahmen geschaffen werden und
- die Ermächtigung zum Erlass von Nebenbestimmungen zur wegerechtlichen Zustimmung klarer gefasst wird.
Des Weiteren will sich das Ministerium für eine prioritäre Anbindung von Mobilfunkmasten an das nächstgelegene Stromnetz einsetzen[3]Siehe dazu aktuell Sörries/Neumann, IR 2025, 167. eine Regelung zur Mitwirkung von Eisenbahninfrastrukturunternehmen bei der Mobilfunkversorgung entlang von Schienenwegen schaffen und für den Aufbau eines Atlas über öffentliche Liegenschaften die Daten des Liegenschaftskatasters nutzen.
4. Weitere Anpassungen
Außerdem sollen weitere im Rahmen des gescheiterten Gesetzgebungsverfahrens zum TK-NABEG vorgeschlagene Anpassungen erneut aufgegriffen werden, nämlich die Anpassung an die Roaming-Verordnung, die Streichung des Jahresfinanzberichtes im nationalen oder europäischen Konzernverbund, Änderungen im Bereich des Gigabit-Grundbuchs sowie Verbesserungen bei der Datenerhebung und -nutzung.
Darüber hinaus schlägt das BMDS Klarstellungen zur Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur und eine Weiterentwicklung des gesetzlichen Rahmens des Beirats der Bundesnetzagentur vor. Vorgaben zur Gewährleistung einer bedarfsgerechten Frequenzausstattung der Bundeswehr werden geprüft. Hinsichtlich der Kupfer-Glasfer-Migration verweisen die Eckpunkte zur TKG-Novelle schließlich auf die geplanten Eckpunkte zum Migrationskonzept. Vor diesem Hintergrund erschiene aus Sicht des Ministeriums eine Anpassung der gesetzlichen Vorgaben[4]Zu entsprechenden Gestaltungsspielräume siehe Neumann, Gesetzgeberische Spielräume zur Förderung einer wettbewerbskonformen Kupfer-Glasfaser-Migration, 2024. gegenwärtig nicht angezeigt, sei aber auch nicht ausgeschlossen, sofern der laufende Konsultationsprozess zum Migrationskonzept einen entsprechenden Bedarf aufzeige.
III. Wie geht es weiter?
Das Ministerium nimmt nun Stellungahmen zu den vorgeschlagenen Änderungen bis zum 31. August 2025 entgegen. Auf Grundlage dieser Konsultation soll ein Referentenentwurf für das Änderungsgesetz erarbeitet und noch im Herbst dieses Jahres vorgelegt werden. Der Zeitplan ist einerseits ehrgeizig, andererseits aber auch weitgehend alternativlos, um die unionsrechtlich vorgegebenen Fristen einhalten zu können (oder sie zumindest nicht allzu deutlich zu verfehlen).
Fußnoten
↑1 | Siehe hierzu im Überblick Neumann, Der Referentenentwurf zum TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz, Vortragsfolien v. 25.10.2023. |
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↑2 | Siehe dazu unlängst Bundesnetzagentur, Beschl. v. 25.2.2025 – Az. BK11-24-020, m. Anm. Schuler, N&R 2025, 119. |
↑3 | Siehe dazu aktuell Sörries/Neumann, IR 2025, 167. |
↑4 | Zu entsprechenden Gestaltungsspielräume siehe Neumann, Gesetzgeberische Spielräume zur Förderung einer wettbewerbskonformen Kupfer-Glasfaser-Migration, 2024. |