Fälle aus sonstigen Rechtsgebieten
Beihilfe für Anschlussheilbehandlung bei Krebserkrankung
Entscheidung:
Sachverhalt:
Die Klägerin ist pensionierte Beamtin. Nachdem bei ihr Brustkrebs diagnostiziert worden war, begab sie sich vom 18. bis zum 24. März 2009 zur Entfernung des Karzinoms in stationäre Behandlung. Zur weiteren Brustkrebsbehandlung wurden in der Zeit vom 16. April bis zum 6. August 2009 sechs ambulante Chemotherapien und daran anschließend in der Zeit vom 21. September bis zum 4. November 2009 eine ebenfalls ambulante Bestrahlungstherapie durchgeführt.
Ihren Antrag, für einen anschließenden stationären Klinikaufenthalt ab dem 19. November 2009 Beihilfe als Anschlussheilbehandlung zu gewähren, lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV) ab. Gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 der Beihilfeverordnung des Landes Baden-Württemberg (BVO BW) liegen Anschlussheilbehandlungen nur vor, wenn sie sich unmittelbar an einen Krankenhausaufenthalt anschließen oder bei einer zeitlichen Unterbrechung zum Krankenhausaufenthalt mit diesem in zeitlichem Zusammenhang stehen.
Unter Hinweis auf einen Auslegungshinweis des Finanzministeriums Baden-Württemberg vertrat das LBV die Auffassung, ein zeitlicher Zusammenhang im Sinne dieser zweiten Alternative könne grundsätzlich noch dann unterstellt werden, wenn die Unterbrechung nicht länger als drei Wochen dauert. Bei einer längeren zeitlichen Unterbrechung bis zu längstens drei Monaten könne ausnahmsweise der zeitliche Zusammenhang mit dem Krankenhausaufenthalt als gegeben angesehen werden, wenn nach einer schweren Erkrankung, die erfahrungsgemäß nach dem Krankenhausaufenthalt meist eine Anschlussheilbehandlung erfordert (z. B. Herz-, Wirbelsäulen- oder Hüftgelenkoperation), eine solche aus Platzmangel oder Gesundheitsgründen erst nach mehr als drei Wochen Unterbrechung durchgeführt wird. Da im vorliegenden Fall zwischen dem Ende des stationären Aufenthalts im März 2009 und dem Antritt der Rehabilitationsmaßnahme mehr als sechs Monate lagen, verweigerte das LBV die Anerkennung dieser Maßnahme als Anschlussheilbehandlung.
Gerichtliches Verfahren:
Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens wurde die Kanzlei Koch & Neumann mit der klageweisen Durchsetzung des Anspruchs auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit als Anschlussheilbehandlung beauftragt. Mit Urteil vom 23. November 2010 (Az. 3 K 63/10 ) gab das Verwaltungsgericht Sigmaringen der Klage statt. Der Anwendungshinweis des Finanzministeriums müsse sich als untergesetzliche Regelung im Rahmen des normativen Programms der Beihilfevorschrift halten und könne keinen Leistungsausschluss schaffen, der hierin nicht vorgesehen ist. Mangels näherer Umschreibung dessen, was unter einem zeitlichen Zusammenhang im Sinne von § 7 Abs. 3 S. 2 Alt. 2 BVO BW zu verstehen ist, müsse diese Frage im Einzelfall mit Blick auf die Notwendigkeit der Maßnahme zur Behandlung eines konkreten Krankheitsbildes, seine Akutbehandlung einerseits sowie andererseits des (sachlich) medizinischen Zusammenhangs der hieran anschließenden Heilbehandlung beantwortet werden. Im Falle bösartiger Geschwulsterkrankungen bzw. maligner Systemerkrankungen mit anschließender ambulanter Bestrahlung sei jedenfalls noch dann von einer Anschlussheilbehandlung auszugehen, wenn die Maßnahme, wie im vorliegenden Fall, innerhalb einer 14-Tages-Frist beginnend vom Tag nach der letzten Bestrahlung eingeleitet wurde. Das Urteil ist seit dem 3. Januar 2011 rechtskräftig.